leist
07.07.2016
Städtebau
1

Städtebaulicher Rahmenplan Petrisberg

3. Städtebauliche Rahmenplanung


Die Stadt Trier hat durch Beschluss des Stadtrates vom 19.06.2000 die Festlegung des städtebaulichen Entwicklungsbereichs Petrisberg als Satzung beschlossen. Diesem Beschluss vorangegangen waren - nach Bekanntgabe der Aufgabe des Standortes durch die französischen Streitkräfte im Jahr 1996 - vorbereitende Untersuchungen, um Beurteilungsgrundlagen über die Festlegungsvoraussetzungen zu gewinnen. Die Entwicklungssatzung ist nach Genehmigung durch die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord als höhere Verwaltungsbehörde 19.12.2000 rechtsverbindlich geworden.

Der Prozess der städtebaulichen Rahmenplanung für den Petrisberg wurde nach Abschluss des Workshops im Jahr 1998 gestartet und nach Inkrafttreten der Entwicklungssatzung der Entwicklungssatzung am 19.12.2000 bis zum Jahr 2002 weitergeführt.

Ziel der Rahmenplanung ist es, in Vertiefung der vorangegangenen Planungsschritte die räumlich-strukturellen Rahmenbedingungen und die unterschiedlichen Nutzungsansprüche bezogen auf das Gesamtgebiet zu ermitteln und zu einem räumlichen Gesamtkonzept zu integrieren. Dabei sollen auch Entwicklungsalternativen in den verschiedenen Bereichen in Form von Variantenuntersuchungen aufgezeigt und auf ihre Machbarkeit hin untersucht werden. Die Rahmenplanung soll Zielvorgabe und Grundlage sein für die Änderung des Flächennutzungsplans und die Aufstellung von Bebauungsplänen.

 

3.1 Historische Rahmenbedingungen

Das Untersuchungsgebiet war bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein agrarisch geprägter Raum. An den süd- und westexponierten Hängen wurde Weinbau betrieben, die übrigen Flächen wurden weitgehend ackerbaulich genutzt. Die Grünlandnutzung beschränkte sich auf die vernässten Quellbereiche von Bretten­bach und Geisbach.

1927 wurde der bis dahin landwirtschaftlich genutzte Petris­berg hauptsächlich für Naherholungszwecke aufgeforstet. Lediglich an der Kreuzkapelle und auf Franzensknüppchen standen vorher schon Gehölzgruppen.

Als Siedlungsfläche bestand im 18. Jahrhundert nur der Kleeburger Hof. Der Geishof und der Petrishof wurden erst im 19. Jahrhundert errichtet. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden die Kasernenbauten auf dem Petrisberg.

Die Verkehrsanbindung bestand bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts allein aus einem Weg (heute Kreuzweg), der die Talstadt mit Tarforst verband und die Schanzen auf dem Petrisberg erschloss. Vom Aveler Tal kommend stellte ein Weg (heute Kohlenstraße) die Verbindung Richtung Hunsrück her.

Im Untersuchungsraum und randlich darüber hinaus befindet sich eine Vielzahl historisch und kulturell interessanter Örtlichkeiten, die heute zum Großteil der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt sind. Eine herausragende Bedeutung hat dabei der Petrisberg im Bereich des ehemaligen französischen Armeelagers. Hier finden sich neben auffälligen technischen Bauwerken dieses Jahrhunderts (Fernsehturm, ehem. Wasserturm) die ersten Zeugen der römischen Geschichte im Raum Trier, nämlich ein frührömisches Militärlager sowie Reste einer spätkeltischen Siedlung.

Eine weitere Besonderheit stellt der römische Grabhügel dar, der im Volksmund Franzens­knüppchen genannt wird. Um ihn ranken sich viele Legenden im Zusammenhang mit der Stadtgeschichte (Trebeta, Franz von Sickingen, Napoleon). Ende des 17. Jahrhunderts wurde vom Olewiger Tal längs der heutigen Sickingenstraße auf dem Petrisberg bis zum Aveler Tal eine Stadt­befestigung aus Schanzen und sonstigen Erdwerken als Verteidigungslinie gegen die Franzosen errichtet. Während des II. Weltkrieges befand sich auf dem Petris­berg ein Kriegs­gefangenenlager, in dem auch der französische Philosoph Jean Paul Sartre interniert war (1940/1941). Von der gleichen Stelle begann die Eroberung Triers durch amerikanische Truppen im März 1945.

 

3.2 Räumliche Gliederung des Planungsgebietes

Das Untersuchungsgebiet der Rahmenplanung umfasste neben dem eigentlichen Konversionsbereich zusätzlich die angrenzenden Flächen (Hangbereich zur Altstadt, Kleingärten etc.), da die räumliche Entwicklung im Bereich des Petrisbergs eng mit der Nutzungsdisposition in den Randbereichen verflochten ist.

Das engere Plangebiet mit einer Fläche von ca. 75,8 ha beinhaltete den Bereich der förmlich festgelegten städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme und gliedert sich entsprechend seiner derzeitigen unterschiedlichen Nutzung wie folgt:

Fläche A: Quartier Petrisberg (Barackenlager)

Fläche B: Krone Belvedere

Fläche C: Lager Belvedere

Fläche D: Sportplätze (einschließlich städtischer Sportplatz)

Fläche E: Freifläche (einschließlich städtische Fläche an der Pluwiger Straße)

Fläche F: Geozentrum Universität / Ehemaliges Lazarett

Fläche G: Übungsfahrbahn

 

Die einzelnen Teilflächen und die Abgrenzung des städtebaulichen Entwicklungsbereichs sind aus der nachfolgenden Übersichtskarte ersichtlich.

Fläche A

Das Lager Petrisberg (Barackenlager, STALAG-Gelände) erstreckt sich entlang der Sickingenstraße von der Einmündung in die Pluwiger Straße bis zum Wetteramt und wird im Norden durch den Hang zur Talstadt begrenzt. Die Zu­fahrt erfolgt am Kopf des langgestreckten Flächenareals gegenüber dem Haupttor zur Kaserne Belvedere.

Die Liegenschaft wurde in den 30er Jahren als Strafgefangenenlager erbaut. Nach dem Krieg übernahmen die französischen Streitkräfte Grundstück und Gebäude und bauten den Bereich in den 50er Jahren komplett um.

Der aktuelle Gebäudebestand wurde als durchweg nicht erhal­tenswert eingestuft. Es handelte sich überwiegend um eine aufgelockerte, eingeschossige Be­bauung aus Lagergebäuden oder Kfz-Hallen und Büroräumen, teilweise in Leicht­bauweise. Nur wenige zweigeschossige massive Gebäude waren vorhanden. Wiederverwertbare Bauteile waren bereits demontiert und veräußert.

 

Flächen B und C

Die Kaserne Belvedere war an ihrem Kopf bzw. an der Geländekrone begrenzt durch die im Bogen entlang der Grundstücksgrenze aufstehenden massiven Baukörper, die als Mannschafts­gebäude von den französischen Streitkräften genutzt wurden. Die Gebäude riegelten an dieser Stelle das Militärareal gegenüber dem Außenbereich ab und unterstreichen die Hang­kante. Zur Sickingenstraße standen die massiven Mannschaftsgebäude in offener Bau­weise zeilenförmig zur Straße. Den zentralen Bereich der Kaserne bildete der Exerzierplatz, um den sich die Mannschaftsgebäude gruppierten. Der bauliche Zustand der Gebäude ist überwiegend gut.

In Höhe der Einmündung zur Pluwiger Straße in die Sickingenstraße begann der technische Bereich des Kasernenareals, das Lager Belvedere, in dem sich überwie­gend eingeschossige, langgestreckte massive Hallen, Stall- und Werkstattgebäude mit geringer Bautiefe befanden, deren baulicher Zustand, bis auf den Neubaukomplex Werkstatt als schlecht einzustufen war. Auf dem Gelände befanden sich des Weiteren zwei Tankstellenanlagen. Die Zu/Ausfahrt am südlichen Ende des Areals war ange­schlossen an die Pluwiger Straße.

 

Fläche D

Von den auf der Fläche D bestehenden zwei Asche/Sand-Sportplätzen befand sich der östliche an der Behringstraße gelegene Sportplatz im städtischen Eigentum (Sportplatz Kürenz), der westliche Platz gehörte zur Konversionsfläche. Die Andienung erfolgte von der Pluwiger Straße über die Behringstraße.

Fläche E

Auf der im städtischen Eigentum stehenden, unbebauten Fläche E befindet, befand sich früher ein Munitionslager, das bereits seit langem geräumt war.

Fläche F

Das Geozentrum (ehemaliges Hospital) auf der Fläche G, ein sechsgeschossiger, langgestreckter Bau mit vorgelagertem zweigeschossigem Flachbau, befand sich im Ei­gentum des Landes Rheinland-Pfalz und wurde bislang als Universitätsgebäude und Studentenwohnheim genutzt. Ebenfalls auf dem Gelände befanden sich drei Schwesternwohnheime, die aufgrund ihres schlechten Bauzustandes als nicht erhaltenswert eingestuft wurden. Im Bereich nördlich des ehemaligen Hospitals waren fünf Gebäude mit ca. 300 Studentenwohnungen fertiggestellt.

In der Phase der Rahmenplanung war bereits bekannt, dass das Geozentrum nach abgeschlossener Verlegung der Studentenwohnungen in Zukunft vollständig als Funktionsgebäude der Universität genutzt werden und um den Neubau eines Hörsaalgebäudes ergänzt werden sollte.

Fläche G

Die südöstliche Begrenzung des Konversionsareals bildete das ehemalige Fahrschulge­lände der französischen Streitkräfte, welches zwischen Kohlenstraße und dem ehemaligen Hospital lag. Auf diesem leicht bewegten Gelände lagen die teilweise befestigten Übungsfahrbahnen.

Fläche H

Die ca. 6300 m2 große Fläche K lag an der Nahtstelle zwischen dem Barackenlager Petrisberg und der Krone Belvedere. Auf der Fläche befindet sich das ehemalige Kasinogebäude.

 

3.3 Räumlich-strukturelle Ausgangssituation

Siedlungs- und Verkehrsflächen

Etwa ein Viertel des Untersuchungsgebietes war bebaut, darunter etwa 80 ha ehemaliges Militärareal, das im Zuge der Konversion einer zivilen Flächennutzung zugeführt werden sollte. Neben der Bebauung waren Flächen durch Straßen, Wirtschaftswege und einen militärischen Verkehrsübungsplatz versiegelt.

 

Wald

Die forstlich genutzten Flächen beschränkten sich auf den Petrisberg im nordwestlichen Anschluss an das ehemalige Militärlager. Diese Flächen wurden erst 1927 aufgeforstet, vordergründig mit dem Ziel, Naherho­lungsraum für die Bevölkerung der Talstadt zu schaffen. Zum Zeitpunkt der Rahmenplanung war die Erholungsnutzung, vermutlich aufgrund der schlechten Erreichbarkeit sowie verfallener Wege­verbin­dungen nur zweit­rangig. Daneben erfüllte dieser Wald dem Forst­einrich­tungs­werk zufolge Funktionen als Klimaschutzwald und als Schutz für ein Bodendenkmal (Fran­zensknüppchen).

Bei dem Wirtschaftswald handelte es sich vornehmlich um Laubwald mittlerer Wertstufe mit Buche, Roteiche und Traubeneiche. Daneben traten auf einer Fläche von mindestens einem Hektar Birke, Esche und Douglasie auf. Der größte Teil des Bestandes (ca. 9 ha) wies ein Alter von 50 – 60 Jahren auf. Daneben stockte in größerem Umfang (ca. 6 ha) ein 30jähriger Bestand mit Buche, Trauben­eiche, Roteiche und Douglasie. Auf den Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts entstandenen Windbruchflächen wurden Traubeneichen, Roteichen und Buchen gepflanzt (ca. 4 ha). Die übrigen Wald- und Gehölzflächen im Planungsgebiet konzentrierten sich auf den Nordwest- und Nordhang des Petris­bergs und auf brachgefallene ehemals weinbaulich oder landwirtschaft­lich genutzte Hänge im Geisbachtal südlich des Kleeburger Hofes.

 

Landwirtschaft und Weinbau

Die Landwirtschaft war im Untersuchungsgebiet nur noch von untergeordneter Bedeutung. Viele Flächen waren brachgefallen oder wurden anderweitig genutzt (Lagerplatz, Reitplatz). Größere ackerbaulich intensiv genutzte Flächen befanden sich noch auf dem Plateau südlich des Geozentrums. Intensive Grünlandnutzung beschränkte sich auf den Bereich des Nebenberges östlich Kürenz und den Hang zwischen Brettenbach und Sickingenstraße.

Ein großer Teil der landwirtschaftlichen Nutzfläche wurde nicht mehr genutzt oder nur noch sporadisch mit Schafen beweidet, und zwar im Zusammenhang mit der Pflege des Militärgeländes. Ein Wanderschäfer trieb seine Herde dabei durch das Brettenbachtal zum Geo-Zentrum und über die Übungsfahrbahn ins Aveler Tal zur Wehrtechnischen Erprobungsstelle auf dem Grünberg.

Der Weinbau war im Untersuchungsgebiet nach wie vor eine bedeutende und landschaftsprägende Nutzungsform. Es lagen jedoch bereits größere Flächen am Retzgraben und am Westhang des Geisberges brach.

 

Öffentliche Grünflächen und Kleingärten

Die Parkanlagen an der Universität, der Kürenzer Schlosspark und die Kleingärten am Nordhang des Petrisbergs stellten die bedeutendsten für die Feierabend- und Kurzzeiterholung nutzbaren Grün­flächen im Untersuchungsgebiet dar.

Im Olewigertal erstreckte sich ein schmaler Grünzug entlang des Baches zwischen der L 143 und der Bebauung. Unterhalb der Einmündung des Tiergartenbachs erweiterte sich dieser Grünzug zur Kleingartenanlage Trier-Ost bzw. Tempelbezirk. Er stellt ein wichtiges Bindeglied zwischen der Innenstadt und den Stadtteilen Olewig und Heiligkreuz dar und ist darüber hinaus für den Kaltluftzustrom aus den Bachtälern in die Talstadt von hoher Bedeutung.

 

Sportanlagen

Zwischen dem Geo-Zentrum und der ehemaligen Belvedere-Kaserne befanden sich zwei Sportplätze, wovon der westlich gelegene bisher nur für Soldaten und nicht für den Vereinssport zur Verfügung stand.

 

3.4 Phase 1 der Rahmenplanung (1998-2000)

Auf der Grundlage der planerischen Eckwerte aus den beiden Workshops ging es bei der Rahmenplanung im ersten Schritt um die räumliche Zuordnung der Nutzungsvorgaben aus den beiden Workshops: Wo und in welchem Umfang sollen die Hauptnutzungen Wohnungsbau Wissenschaftspark und Universitätserweiterung zugeordnet werden?

Eine Prämisse bei der räumlichen Verteilung der Nutzungen war dabei der durch das Baugesetzbuch vorgegebene sparsame Umgang mit Grund und Boden. Vor diesem Hintergrund wurde von Beginn der Planung an der Fokus auf die bereits bisher mit militärischen Nutzungen überformten Bereiche des Gebietes gelegt.

Für bauliche Folgenutzungen wurde primär die Bereiche Krone Belvedere, Lager Belvedere, Sportplätze, Geozentrum und Übungsfahrbahn in Betracht gezogen. Das sogenannte Barackenlager auf dem Rücken des Petrisbergs sollte grundsätzlich von Bebauung freigehalten werden.

Im ersten Strukturkonzept (Dezember 1998) wurde dementsprechend von der Konzentration der Wohnbauflächen im Bereich Krone Belvedere und den Sportplätzen ausgegangen. Schwerpunkt des Wissenschaftsparks sollte demgegenüber der Bereich Lager Belvedere sein, wobei der sogenannte Nukleus als Keimzelle des Wissenschaftsparks mit direktem Bezug zum Geozentrum verortet wurde.

Der Zuordnung des Nukleus als Keimzelle des Wissenschaftsparks lag – aufbauend auf der Machbarkeitsstudie der Fraunhofer Management Gesellschaft von 1998 - der Gedanke zugrunde, dass im Rahmen der Entwicklung des Wissenschaftsparks im Rahmen der ersten Ausbauphase zunächst ein Kerngebäude mit Büro-/Mietflächen zu schaffen ist, aus dem heraus die Betreiberinfrastruktur für den Wissenschaftspark gebildet wird und entsprechende Netzwerke entstehen. Die Nähe zur Universität wurde hoch gewichtet, um erfolgreiche Synergieeffekte zwischen einem hier etablierten Wissenschaftspark mit integriertem Existenzgründerzentrum und den Hochschuleinrichtungen zu erreichen. Ziel der Machbarkeitsstudie war die Bildung zweier Bereiche des Wissenschaftsparks: einem Hochschulteil sowie einem gewerblichen Teil.